Wer in Großstädten eine Wohnung sucht, stößt häufiger auf Immobilienportale – Doch Betrug bleibt nicht aus, der Diebstahl von Geld und Daten ist keine Seltenheit und die Betrüger bleiben oft straflos.
Fallbeispiel von ZEIT Online:
„So spät am Sonntag hatten Lisa K.* und Stefan M.* keinen Besuch mehr erwartet. Doch plötzlich klingeln bei dem Berliner Pärchen etwa 15 fremde Frauen und Männer. Die ungebetenen Gäste interessieren sich für ihre Holzdielen und hohen Decken, für den Südbalkon und die verlockende Kaltmiete der Zweiraumwohnung von gerade mal 520 Euro – und das im beliebten Bezirk Prenzlauer Berg. So versprach es eine Anzeige auf der Internetplattform Immobiliensout24.
Tatsächlich suchen Lisa und Stefan Nachmieter. Ihre Annonce hatten sie aber nur auf eBay Kleinanzeigen eingestellt und als Besichtigungstermin erst kommenden Mittwoch angeben. Auch für die Kaltmiete hatten sie eigentlich 100 Euro mehr veranschlagt. Die 15 Wartenden aber lassen sie trotzdem herein. Mehr Interessenten schaden ja nicht. Aber sie wundern sich, wie ihre Annonce zu Immobilienscout24 „gewandert“ ist.
Übereifrig werden Daten an Unbekannte übermittelt
Während die Besucher die Altbauwohnung besichtigen, haben Betrüger längst ihre persönlichen Daten. Denn viele waren so eifrig, dem vermeintlichen Vermieter der geklauten Anzeige auf Immobilienscout24 schon vorab eine digitale Bewerbungsmappe als PDF-Dokument zu schicken: Schufa-Nachweis, Personalausweiskopie, Gehaltsnachweise und Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Die Handynummer und E-Mail-Adresse sowieso. Schließlich wollten sie ja einen möglichst guten Eindruck machen. „Soll ich euch meine Unterlagen dann einfach noch mal schicken?“, möchte eine Interessentin von Lisa und Stefan wissen. Bei wem ihre erste Mail landete, scheint ihr egal zu sein.
Mit solchen und ähnlichen Maschen greifen Betrüger in ganz Europa nicht nur massenhaft Nutzerdaten ab. In vielen Fällen klauen sie nicht nur die Identitäten, sondern auch Geld von entnervten und unter Druck stehenden Wohnungssuchenden – vor allem in den Ballungsgebieten und Großstädten, wo Wohnraum immer knapper und teurer wird. Sie gehen dabei immer dreister und professioneller vor. Um Seriosität vorzuspielen, bauen sie inzwischen sogar eigene Websites, die beispielsweise aussehen können wie die Homesharingplattform Airbnb. Gefasst werden sie fast nie. Polizei und Plattformen kommen den Internetbetrügern kaum hinterher.
Betrüger programmieren ein Fake-Airbnb
Im Fall der Berliner Wohnung wendet sich später am Abend jemand als vermeintlicher Vermieter mit dem Namen Marco Kohler an die Interessenten. Seine Mail klingt freundlich und verbindlich. Die Wohnung von Lisa und Stefan sei noch zu haben. Ob man bitte auf Englisch schreiben könne. Er sei derzeit in Norwegen und könne die Wohnung nicht selbst übergeben. Ob man einverstanden sei, das Ganze als Untermiete über Airbnb abzuwickeln. Das sei auf die Distanz sicherer für beide Seiten. Wenn etwas nicht stimme, bekomme man über den Sicherheitsmechanismus bei Airbnb innerhalb von 24 Stunden sein Geld zurück. „Ganz easy“. Maximal zehn Jahre wolle er aber nur vermieten. Dann möchte Marco Kohler zurück nach Berlin und selbst wieder einziehen.
Schnell schickt der angebliche Vermieter einen Link zu seiner Anzeige auf Airbnb, zumindest könnte man das leicht glauben. Die Webadresse lautet: www.airbnb.com. Der verdächtige Rattenschwanz dahinter – properties-online-listings.com – fällt kaum auf, zumal die Seite der echten Airbnb-Seite täuschend ähnlich sieht. Wieder sind zu sehen: die von eBay geklauten Fotos der echten Wohnungsanzeige von Lisa und Stefan. Das vermeintliche Airbnb-Profil von Marco Kohler – ein offensichtlich attraktiver junger Mann – wurde angeblich bereits zehnmal als sehr positiv bewertet: Er sei zuverlässig, professionell und absolut hilfsbereit. Sein Hochglanzfoto wurde allerdings von der Fotoplattform Pinterest geklaut.“